"U5":50

Sechs Drehgestelle, zwölf Achsen, drei Gelenke, 50 Meter lang – aber doch nur ein Zug: Das ist der U-Bahn-Wagen der VGF, der seit Mitte Februar 2012 auf den Linien U1, U2, U3 und U8 eingesetzt wird. Die Fahrzeuge des Typs „Flexity Swift“ erhalten in Frankfurt die Bezeichnung „U5-50“. Sie bestehen aus zwei jeweils 25 Meter langen Einheiten des von Bombardier Transportation (BT) produzierten und seit 2008 ausgelieferten Typs „U5“. Während es sich bei diesen Fahrzeugen um Zweirichtungswagen mit Fahrerkabinen an beiden Köpfen handelt, verfügen die im Dezember 2011 ausgelieferten Wagen „801“ und „802“ nur über eine Fahrerkabine und einen Notführerstand auf der anderen Seite, mit dem der Zug bei Rangierfahrten oder Unfällen bewegt werden kann. 

Für den Linienbetrieb werden die Fahrzeuge in der Mitte kurz gekoppelt, so dass ein durchgehender U-Bahn-Zug entsteht. Die VGF erhöht mit dem Einsatz das subjektive Sicherheitsgefühl ihrer Fahrgäste, zumal die abends als U-Bahn-Begleitung eingesetzten Mitarbeitenden des Sicherheitsdienstes nun den ganzen Zug ohne ständiges Umsteigen im Blick behalten können. 

Die VGF hat 92 dieser „Einrichter“ erhalten, die dann zu 46 langen „U5-50“-Einheiten gekoppelt werden. Bis auf das Übergangsmodul und die fehlende zweite Fahrerkabine unterscheiden sich die Fahrzeuge nicht vom Typ „U5“. Getrennt werden sie nur auf dem Betriebshof, zum Beispiel für die Waschanlage oder nach Unfällen. Der Trennungsvorgang dauert je nach Routine zwischen fünf und zehn Minuten. 
 

Gewohnter Standard

Ansonsten verfügt der „U5-50“ über den Qualitätsstandard, den schon die kürzeren Wagen (bezeichnet als Typ „U5-25“) bieten: Die Bahnen sind klimatisiert und mit Videoüberwachung sowie einem modernen Fahrgastinformationssystem ausgestattet, das die nächsten Stationen, die dortigen Umsteigemöglichkeiten und die jeweilige Ausstiegsseite anzeigt. Die gelben Haltestangen verfügen über geriffelte Flächen zur besseren Griffigkeit, die Ausstiegsbereiche der acht Türen pro Seite sind durch ihre orangen Wandverkleidungen leicht zu erkennen. Ein normaler „U5-25“ bietet 48 Sitz- und 136 Stehplätze, auf Grund einer wegen des Notführerstands veränderten Sitzanordnung am Übergang verfügt sein längerer Bruder über 94 Sitz- und nominell mehr als 272 Stehplätze, da im Übergang – wenn das auch nicht unbedingt eine zum Verweilen einladende Komfortzone sein soll – mehr Platz vorhanden ist. Für Kinderwagen, Rollstühle oder Fahrräder stehen vier großzügig offene Abteile zur Verfügung, die jeweils in unmittelbarer Nähe dieser Bereiche liegenden Türen sind von außen mit einem gut sichtbaren gelben Balken an der Oberkante gekennzeichnet.

Großen Anteil an dieser mobilitätsgerechten Ausstattung der Fahrzeuge hatten bei ihrer Entwicklung vor 2008 der Fahrgastbeirat und die Frankfurter Behinderten-Arbeitsgemeinschaft (FBAG).  Mit der Produktion des ersten Fahrzeugs hat Bombardier 2011 begonnen. Zwischen neun und zwölf Monaten dauert die Fertigung vom ersten unscheinbaren Rohbau bis zur komplett ausgestatteten und im Grunde einsatzbereiten Bahn. Dann kann das Fahrzeug – getrennt und auf zwei Sattelschlepper verladen – an die VGF geliefert werden, wo es weiteren Tests unterzogen wird, damit es für den Fahrgastbetrieb freigegeben werden kann. 

Werkstatt-Umbau

Ein 50-Meter-Zug stellt die 1974 in Rödelheim eröffnete Stadtbahn-Zentralwerkstatt (StZW) vor neue Herausforderungen, denn allein die Schiebebühne in der Hallenmitte, mit der die Bahnen zu den verschiedenen Gleisen geschoben werden, ist nur für 30-Meter-Fahrzeuge ausgelegt. Um den „U5-50“ nicht bei allen Wartungsarbeiten trennen zu müssen, sondern ihn auch in einem Stück bearbeiten zu können, erweitert die VGF für rund 1,77 Millionen € die Fahrzeughalle für längere Gleise. Zum einen werden die Reparaturgleise 32 und 33 in einem südlichen Anbau um sieben Meter verlängert, zum anderen wird an der Ostseite im Anschluss an die bestehende Halle mit der Unterflurdrehmaschine das Wartungsgleis 25 auf 50 Meter mit durchlaufender Grube und durchgehender Krananlage erweitert. 
 

„U5“

Erstmals auf der Neubaustrecke zum Riedberg eingesetzt, fährt der neueste U-Bahn-Typ „U5“ seit 2008 vom Südbahnhof bis in den Norden Frankfurts auf der „A-Strecke“ einmal durch die ganze Stadt. Seit 2012 bzw. 2015 befährt er außerdem die Streckenarme „B“ und „C“ von Westen nach Osten bzw. Nordosten. Innerstädtisch sind die U-Bahnen hauptsächlich unterirdisch unterwegs, in den Außenbezirken fahren sie dann meist oberirdisch auf eigenen Trassen. 46 Fahrzeuge wurden erstmals in der Länge von 50 Metern bestellt. Für diese „U5-50“ genannten Versionen werden zwei 25-Meter-Einheiten zusammengekoppelt und mit einem Personenübergang verbunden. Die Fahrzeuge sind in 25 wie in 50 Metern Länge durchgängig einseh- und begehbar und haben alle Annehmlichkeiten des modernen Fuhrparks: Klimaanlage, große Stellplätze, behindertengerechte Ausstattung und barrierefreie Zugänge, Kameraüberwachung und Fahrer*innenruf für mehr Sicherheitsgefühl. 

Weltweit zum ersten Mal sind die beiden unterschiedlichen Generationen von U-Bahn-Wagen „U5“ und „U4“ miteinander koppelbar. Sie können in Drei- und Vier-Wagen-Zügen fahren und sind damit sehr flexibel und unabhängig vom Wagentyp einsetzbar. 

Nicht nur die Fahrt mit der Bahn ist umweltfreundlich, sondern auch die Technik ist nachhaltig: Wie schon der „S“-Wagen der Straßenbahn kann auch der „U5“ die beim Bremsen freigesetzte Energie wieder ins Netz speisen und sie dann den nachfolgenden Zügen als Fahrenergie zur Verfügung stellen. 

Fuhrpark-Investitionen

Insgesamt 146 Fahrzeuge des Typs „U5“ für rund 320 Millionen € wurden gekauft und zwischen 2008 und 2015 geliefert. Im Dezember 2011 hatte der Aufsichtsrat der VGF der Beschaffung zusätzlicher „U5“-Fahrzeuge zugestimmt: 40 „U5-25“ und 19 „U5-50“ lieferte Bombardier zwischen 2014 und 2017 aus. Zusammen mit zehn neuen Straßenbahnwagen der „S“-Klasse hatte der Auftrag ein Volumen von weiteren rund 200 Millionen €. Im Jahr 2021 folgen 23 zusätzliche Mittelteile, die die bestehenden Fahrzeuge auf 75 oder 100 Meter verlängern können. 

Bombardier in Bautzen

Die „U5“-Modelle sind in allen Komponenten – Motoren, Drehgestelle oder Wagenkästen – komplett „made in Germany“. Der Großteil der Produktion erfolgt im sächsischen Bautzen. An diesem rund 175 Jahre alten Standort werden bereits seit 1896 Schienenfahrzeuge für den Nah- und Fernverkehr gebaut. Rund 130 U-Bahn-, Stadtbahn- und Straßenbahnwagen verlassen das Werk jährlich. 
 

„U4“-Sanierung (2010 – 2013)

Die VGF modernisiert zwischen 2010 und 2013 ihre 37 Fahrzeuge des Typs „U4“ komplett und passt sie dabei an die modernen „U5“-Wagen an. Damit können sie in gemischten Zugverbänden eingesetzt werden.

Dafür wird vom Innenausbau bis zur – hinter Verkleidungen nicht sichtbaren – Technik alles saniert oder komplett erneuert. Dazu gehören auch Klimaanlagen für die Fahrerkabinen, die sich auf den Dächern der „U4“-Wagen befinden. Damit diese vor Fahrtwind und möglichen Beschädigungen geschützt sind, hat die Zentralwerkstatt eigens eine Spoilerkonstruktion entwickelt. Die charakteristischen Hauben, an der die Wagen äußerlich leicht zu erkennen sind, befinden sich direkt über den Fahrerkabinen und verändern das Aussehen der Front signifikant. Klimaanlagen zu schwer Der Einbau von Klimaanlagen für den Fahrgastraum war auch vorgesehen, aber nicht möglich, da die Statik der 16 Jahre alten U-Bahnen dafür nicht ausgelegt und deshalb für den Aufbau einer bis zu 1,5 Tonnen schweren Klimaanlage ungeeignet ist. Für mehr Frischluft ist trotzdem gesorgt: Beim Umbau wurden acht zusätzliche Klappfenster eingebaut. Somit befindet sich nun an jedem Fenster ein aufklappbarer Teil am oberen Rand. Weiterhin haben die acht Türen Lüftungsschlitze, die die Luftzirkulation im Fahrgastbereich verbessern. 

Zur Modernisierung gehört neben einem neuen Fußbodenbelag auch ein frisches Kleid: Alle „U4“-Wagen werden in der firmeneigenen Lackierhalle neu gespritzt und hinterlassen einen fabrikneuen Eindruck, wenn sie die StZW verlassen.

Videonachrüstung

Neu ist die Videoüberwachung, wie sie im „U5“-Wagen zum Standard gehört. In jedem Wagen sind an den Decken insgesamt vier Kameras angebracht. Die Fahrerin bzw. der Fahrer hat die Möglichkeit, bei stehendem oder sehr langsam rollendem Fahrzeug über einen kleinen Monitor auf jede davon zuzugreifen. Die Bilder werden auf einer Festplatte aufgezeichnet und später automatisch überspielt. Eine dauerhafte Speicherung findet bei der VGF wie üblich nicht statt. 

Die komplette Sanierung eines Wagens, der dabei auch die sogenannte Grundüberholung durchläuft, eine Art TÜV für Schienenfahrzeuge, dauert sechs bis acht Monate und kostet die VGF rund 632.000 €. Eine besondere Herausforderung ist dabei die technische Abstimmung von Bahnen unterschiedlicher Fahrzeug-Hersteller und -Generationen aufeinander: Die „U4“-Wagen stammen von der Firma Siemens, die „U5“ werden von Bombardier Transportation hergestellt.